zermürbendes Rechtfertigen

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12 Jahre 6 Monate her #1578 von SteffiS
Hallo ins Forum! :)

Beim Schreiben habe ich gemerkt, wie sehr mich weiter das Thema Rechtfertigung gegenüber der Umwelt beschäftigt. Ich glaube, Anja hatte das auch schon geschrieben und ich daraufhin:
Je weniger ich mich rechtfertige, desto eher werde ich akzeptiert.
Das stimmt wohl auch, aber ich merke, dass ich oft vom Erklären ins Verteidigen rutsche.

Viele Bekannte fragen mich: Na, geht es besser? Wie heißt das noch mal?Hab ich noch nie gehört! Willst du nicht mal zum Heilpraktiker gehen? Oder Weizengras trinken? Mit zu Mrs. Sporty gehen? Hormom Yoga machen? Den Arzt wechseln? Usw. ...

Meinem Vater erzählte ich, mein Mann habe sich krankschreiben lassen, weil die Kinder fieberten und nicht zum kiga konnten. Ich schaffe es nicht alleine Tage und Nächte mit zwei kranken Kleinen. Er fragte, wie soll das denn weitergehen mit der Familie und dem armen Mann? Da hatte ich wieder den schwarzen Peter.

Und in allen Fällen habe ich erklärt, mit sachlichem Fachwissen versucht zu überzeugen und die ganze Zeit am liebsten gebrüllt: Ja eben, wie soll das denn weitergehen?! Ihr habt doch alle keine Ahnung!!!

Müssen sie natürlich auch nicht. Ist ja meine Krankheit. :( soll ich also auf Nachfrage nur noch kühl lächeln und sagen, "es geht schon"?
Hat einer von euch schon eine schlagende Strategie entwickelt? ;)

Liebe grüße Steffi

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12 Jahre 6 Monate her #1579 von anja
Hallo Steffi,

irgendwie ist es ein Teufelskreis.....Warum müssen wir uns rechtfertigen (habe auch immer das Gefühl, es zu müssen). Wir haben uns diese Krankheit doch nicht ausgesucht.

Mein Mann und mein Sohn/Freundin und ein paar Freunde von uns verstehen diese Krankheit. Nur mit den Leuten habe ich momentan Kontakt, da diese wichtigen Leute mir helfen. Alle Anderen brauche ich momentan nicht. Die belasten nur.
Es hört sich (glaube ich) grausam an, aber die Realität ist so.

Ich versuche momentan das zu tun, was ich bzw. mein Körper auch kann. Sonst verliere ich.

Habe den Kontakt zu meinen Eltern abgebrochen, denn die meinen ich wäre Nervenkrank!!!

So, Steffi, ich hoffe ich habe mich nicht zu doll ausgekotzt. Ich glaube, das Prpblem haben wir alle. Schön es auch von anderen zu hören. Es hilft, finde ich.
Wünsche Dir viel Kraft, Deinen Weg zu finden und ein schönes Wochenende.

Lieben Gruß Anja

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12 Jahre 6 Monate her - 12 Jahre 6 Monate her #1581 von billi
Ich bin total froh, dass ihr dieses Thema noch mal extra ansprecht.
Denn seit letztens hier das Thema "Rechtfertigung" angesprochen wurde, muss ich darüber nachdenken.
Mir gehts 200%ig genauso wie euch. Auch ich erkläre oft nicht, sondern verteidige mich.
Etliche von meinen Bekannten- und mein Mann- sehen ein, dass ich nicht mehr so viel machen kann (zumal mir schon ewig, unabhängig von der Krankheit, gesagt worden ist, dass ich mir zu viel auflade).
Aber - welch Entsetzen, wenn ich dann eine Aufgabe abgeben will, die sie dann betrifft! "Ach, willst du das wirklich nicht mehr machen? Das wär ja schade!"


Und ich weiß auch nie, was ich antworten soll, wenn mir einer sagt: "Na, gehts dir besser? Biste immer noch krank?"


Ich habe durch euch hier im Forum schon eine Menge mehr Selbstbewusstsein gewonnen, was den Umgang mit der Krankheit angeht. Wenn ich merke, dass ich etwas nicht kann, oder wenn ich WEIß, dass ich etwas nicht tun SOLLTE, weils mir hinterher schlecht geht, dann sage ich inzwischen tatsächlich "nein". Meistens. Öfter. Noch nicht oft genug.
Und da setzt dann genau das ein, was "rechtfertigen" ist: ich versuche dann oft, zu erklären, warum ich nicht kann oder suche nach fadenscheinigen Entschuldigungen. Ha! ich hab mich dabei erwischt, dass ich mich freue, wenn ich Migräne kriege, weil dann ganz klar ist: mit mir ist nicht zu rechnen, ich liege auf dem Sofa und bin ausgeknockt. Migräne ist was, worunter sich jeder was vorstellen kann und was akzeptiert wird.
Ist doch übel, sich über von der Umwelt akzeptierte Schmerzen zu freuen, weil man sich dahinter verstecken kann?
Nein, Steffi, du siehst: ich hab noch keine Strategie entwickelt. Aber vielleicht finden wir ja zusammen eine?
Auf jeden Fall bin ich euch riesig dankbar, dass ihr auch hier seid und ich mit euch schreiben kann. Das hilft so ungemein!!!

you'll never walk alone
Letzte Änderung: 12 Jahre 6 Monate her von billi.

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12 Jahre 6 Monate her #1582 von billi
PS.: Anja, du darfst dich hier auskotzen soviel du willst und musst. Dazu ist das Forum da. ;) und ich finde es gut, was du geschrieben hast.

PS.: Steffi, es tut mir richtig weh, wenn ich lese, was dein Vater gesagt hat. er hat das bestimmt nicht böse gemeint. Meine Mutter hätte früher sowas auch sagen können, glaubich... Du bist aber auch in einer sch**ß-Situation, mit so kleinen Kindern! Das tut mir so leid!

you'll never walk alone

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12 Jahre 6 Monate her #1583 von billi
PPS. an uns alle: wenn ich mir den enttäuschten Gesichtsausdruck von meinem Mann vor Augen hole, als ich ihm heut Morgen sagte, dass ich zu einer Veranstaltung heute Abend nicht mitgehe, dann wird mir klar: durch unsere Krankheit, und durch das, was wir nicht /nicht mehr können in unserem Leben, ENTtäuschen wir natürlich auch viele Menschen.
Enttäuschungen entstehen durch nicht erfüllte Erwartungen und Hoffnungen.
Vielleicht sollten wir an dem Punkt weiterdenken.
Wie begegnen wir, die wir wegen unserer Krankheit ein anderes Leben leben müssen als mal geplant, den Enttäuschungen unserer Mitmenschen, die an uns (berechtigte?) Erwartungen hatten?
Und wie begegnen wir unseren eigenen Enttäuschungen?

you'll never walk alone

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12 Jahre 6 Monate her #1586 von Schneeflocke
AnAlle,
unsere Enttäuschungen können wir, glaube ich nur dadurch begegnen,
das wir an den Tagen, wo es uns besser geht,spontan etwas unternimmt,
auch wenn uns am nächsten Tag die Krankheit wieder eingeholt hat.
Es ist schon sehr deprimierend, immer hören zu müssen, du siehst doch
gut aus, so krank kannst du doch garnicht sein. Gross eingeladen wird
man auch nicht mehr,man will auch selbst nicht mehr, vorallen wenn
hintern Rücken getuschelt wird, man ist ja eine Spaßbremse. Ich sage mir,
hauptsache mein Mann und zwei,drei sehr gute Freundinnen stehen zu mir.

@war gestern in der Ambulanz wegen der Knochenabsplitterung im Ellen-
bogen. Wollte doch der Oberarzt oberieren, habe ich dankend abgelehnt.
Hatte meine Krankenakte mit, als er Sjoegren gelesen hatte, hatte er
sogar Verständniss. Beim Orthopäden heute Vormittag, daß was man immer
zu hören bekommt: Und was soll ich tun? Und dafür sitzt man zweieinhalb
Stunden im Wartezimmer. Sollen sie doch gleich sagen: Ich habe keine
Ahnung. Aber Knochendichtemessung wollte er gleich machen, als ich ihm
sagte, bei dieser Krankheit übernimmt das die Kasse, stellte er sich
gleich stur und das Thema war erledigt. Bin ich ja schon gewohnt.
LG Marion
:( :( :(

Nicht weil es so schwer ist,
wagen wir es nicht,sondern weil wir es nicht wagen,ist es schwer.

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