Fragen, die von Patienten beim 2. Deutschen Sjögren-Tag gesammelt worden sind (2003)
beantwortet von Herrn PD Dr. med. Torsten Witte,
Oberarzt der Abt. Klinische Immunologie der Medizinischen Hochschule Hannover
1.Frage:
Ich leide am primären Sjögren-Syndrom. Ich nehme seit 12 Jahren das Medikament Quensyl. Seit 3 Monaten nehme ich MTX i.V...Sind damit die Therapiemöglichkeiten erschöpft?
Antwort:
Die eigentliche Tränen- und Speicheldrüsenentzündung beim Sjögren-Syndrom wird meist weder mit MTX noch mit Quensyl behandelt. Diese Medikamente werden eher bei einem Befall anderer Organe wie Nervensysteme oder Gelenke eingesetzt. In diesem Fall kann in schweren Fällen zusatzlich Cortison eingesetzt werden. Sind nur die Drüsen betroffen, kann ein Behandlungsversuch mit Salagen gemacht werden. Dieses Medikament stimuliert die Tränen- und Speichelproduktion.
2. Frage:
Sind Saunabesuche zur Anregung und Stabilität des Immunsystems von Bedeutung?
Antwort:
Ob und wie Saunabesuche das Immunsystem beeinflussen, ist nicht bekannt. Grundsätzlich verschlechtern aber Stress und Unwohlsein das Immunsystem. Wenn Saunabesuche zur Erholung und zu seelischem Wohlbefinden beitragen, sind sie auf jeden Fall sinnvoll.
3. Frage:
Ist eine Grippeschutzimpfung jedes Jahr ratsam?
Antwort:
Patienten mit Sjögren-Syndrom haben eine Neigung zu Infekten der oberen Atemwege. Grippeimpfungen sind deshalb sinnvoll und sollten jährlich im Herbst aufgefrischt werden.
4. Frage:
Das größte belastendste Problem bei meiner Krankheit ist die extreme Müdigkeit. Wie ich weiss, geht es vielen Betroffenen so. Kann ich dagegen etwas mit Medikamenten oder alternativ tun?
Antwort:
Falls die Müdikeit Folge einer starken Entzündung ist, können entzündungshemmende Mittel wie Quensyl oder niedrigdosiertes Cortison helfen. Vor einem Ensatz dieser Medikamente sollten die Antikörper gegen alpha-Fodrin im Blut gemessen werden, um die Entzündungsaktivität abschätzen zu können.
5. Frage:
Wenn beim Sjögren-Syndrom schmerzende Gelenkbeschwerden durch die Einnahme von Cortison weg sind: Waren es Schmerzen von einer Arthritis?
Antwort:
Wenn die Gelenke vorher auch noch geschwollen waren, ist das sehr wahrscheinlich.
6. Frage:
Welche Chemotherapien vertragen sich bei Krebs mit dem Sjögren-Syndrom? Ich hatte bisher EC-Therapie: Taxothere, 5 FU-Folinsäure, Epirobizin, Herceptin
Antwort:
Jede Chemotherapie kann beim Sjögren-Syndrom gegeben werden.
7. Frage:
Gibt es eine Beteiligung der Bauchspeicheldrüse und wie sieht die aus?
Antwort:
Entzündungen der Bauchspeicheldrüse wurde als Komplikation des Sjögren-Syndroms beschrieben. Patienten klagen meist über Bauchschmerzen. Der Arzt kann die Diagnose durch Blut- und Ultraschall-Untersuchungen stellen.
8. Frage:
Kommt beim Sjögren-Syndrom erhöhtes Parathormon vor und wie häufig ist die Schilddrüse beteiligt?
Antwort:
Ein erhöhtes Parathormon, das in den Nebenschilddrüsen gebildet wird, ist keine typische Komplikation des Sjögren-Syndrom. Schilddrüsenentzündungen, die zu einer Schilddrüsenunterfunktion führen können, wurden dagegen bei bis zu 1/3 der Patienten beschrieben.
9. Frage:
Welcher Arzt kann eine gesicherte Diagnose stellen?
Antwort:
Der beste Ansprechpartner ist der Rheumatologe.
10. Frage:
Kann das Medikament Quensyl das Sjögren-Syndrom günstig beeinflussen oder nur Symptome lindern? Welches Risiko ist größer: die Nebenwirkungen oder die Verschlimmerung der Krankheit?
Antwort:
Bei hoher entzündlicher Aktivität kann Quensyl das Sjögren-Syndrom günstig beeinflussen. Ich bestimme vor dem Einsatz dieses Medikaments die Antikörper gegen alph-Fodrin als Entzündungsmarker.
11. Frage:
Wie sieht die Prognose bei Sjögren-Syndrom und einer Verbindung mit Hepatitis C aus?
Antwort:
Definitionsgemäß ist Mund- und Augentrockenheit als Folge einer Hepatitis C kein Sjögren-Syndrom. Der Verlauf bezüglich der Augen- und Mundtrockenheit und der Häufigkeit der Beteiligung der Nerven ist aber ähnlich.
12. Frage:
Ich habe ein primäres Sjögren-Syndrom mit Lungenfibrose. Meine Lungenfunktion ist im letzten Jahr von 2,0 auf 1,3 gefallen. Wie kann man einer weiteren raschen Verschlechterung entgegenwirken?
Antwort:
Bei Lungenfibrose ist im Akutstadium eine starke Immunsuppression mit Cortison und Cyclophosphamid indiziert. Später kann das Cyclophosphamid gegen Azathioprin gewechselt werden.
13. Frage:
Hat die Stärke der Gelenkbeschwerden etwas mit dem hormonellen Zyklus zu tun?
Antwort:
Viele Patientinnen klagen über zyklusabhängigie Gelenkbeschwerden. Weibliche Hormone stimulieren das Immunsystem und damit auch Überreaktionen des Immunsystems wie beim Sjögren-Syndrom.