12. Deutscher Sjögren Tag
B e r i c h t    -    Samstag, 17. März 2018 in Freiburg

Begrüßung durch Prof. Dr. Reinhard Voll

Universitätsklinikum Freiburg, Ärztlicher Direktor der Klinik für Rheumatologie und Klinischer Immunologie.
Prof. Dr. Voll eröffnete die Tagung im Hörsaal der Universitätsklinik in Freiburg. Sein Dank ging an
Dr. Florian Kollert, der die Tagung von medizinischer Seite vorbereitet und organisiert hat sowie an die Sponsoren der Tagung.
Er betonte, dass es nach wie vor wenig Medikamente und Therapien gibt, mittlerweile aber ein besseres Verständnis über die Mechanismen dieser Krankheit. Zudem verwies er darauf, dass es inzwischen auch mehr Studien zu diesem Thema gibt.

Begrüßung durch Elfi Borchers
Selbsthilfe-Netzwerk Sjögren-Syndrom
Ihr Dank galt Prof. Dr. Voll und Dr. Kollert für die Ausrichtung der Tagung in Freiburg sowie dem Team der vielen weiteren Helferinnen.
 

Der große Schlaf, Fatigue beim Sjögren-Syndrom
Dr. Florian Kollert
Oberarzt, Universitätsklinik Freiburg, Klinik für Rheumatologie, Immunologie & Allergologie
Bleierne Müdigkeit, ein Zustand, den die meisten Sjögren-Patienten nur zu gut kennen, war Thema dieses Vortrags. Statistisch gesehen gehört die Müdigkeit zu den am meisten belastenden Symptomen des Sjögren-Syndroms, sie wird häufig noch schwerwiegender als die Trockenheitssymptomatik bewertet, gerade weil sie weder durch Ruhe noch durch Schlaf beseitigt werden kann.
Momentan wird angenommen, dass zwei Faktoren dieses Beschwerdebild beeinflussen: das Einwandern von Entzündungszellen und zirkulierende Autoimmunkörper im Organismus. Auslöser sind vermutlich Umweltgifte, Noxen oder Viren. Diese können Entzündungen auslösen, die unter Umständen am Entstehen eines Autoimmungeschehens beteiligt sind.
Untersuchungen zeigen, dass eine Verbesserung der Müdigkeitssymptomatik durch Reduzieren des Endzündungsgeschehens im Körper erreicht werden könnte. Ob die häufig parallel dazu bestehenden Depressionen ein Ausdruck des Sjögren- Syndroms sind oder der Fatigue, ist noch unklar.
Es gibt Hinweise darauf, dass eine immunsuppressive Therapie helfen könnte.
Ein weiterer Aspekt der ausgeprägten Müdigkeit ist ein schlechter Schlaf, verursacht durch die Trockenheit des Mund- und Rachenraums sowie der Atemwege oder mögliche Schwellungen der Speicheldrüsen. Es kann zu häufigen Schlafunterbrechungen oder sogar zur Schlafapnoe kommen, die  einen erholsamen Schlaf verhindern.
Es ist also durchaus angezeigt, die Schlafqualität durch einen HNO oder Lungenfacharzt überprüfen zu lassen. Eine Schlafmaske könnte hier eine wertvolle Hilfe sein.
 

Neues aus der Forschung
Prof. Dr. Stephan Gadola 
Rheumatologische Praxis am Gesundheitszentrum Allschwil, Schweiz.
„Wann gibt es endlich ein Medikament, das mir hilft?“ - eine Frage, die jeden Sjögren-Erkrankten brennend interessiert. Die bisher verschriebenen Medikamente Cortison und Immunsuppressiva helfen den Sjögren-Patienten mit erhöhten Entzündungswerten nur unzureichend. Bisher beschränkt sich die Behandlung dieser Krankheit auf Linderung der Trockenheitssymptomatik.
Die wichtigsten Voraussetzungen, um ein neues Medikament zu entwickeln, sind:
viele Patienten mit hohem Leidensdruck,
das Verstehen der Krankheitsmechanismen und
das Engagement der Pharmaindustrie, denn diese Forschung ist sehr teuer.
Da es bis zur Marktreife eines Medikamentes mindestens 15 Jahre und mehr dauert, muss für die Pharmaindustrie ein wirtschaftlicher Nutzen erkennbar sein, um diese Investitionen zu tätigen.
Mut machte zu hören, dass es engagierte Ärzte gibt, die die Entwicklung neuer Medikamente anstoßen, und dass es zunehmend mehr Forschung im Bereich der Sjögren-Erkrankung gibt.
Bleibt zu hoffen, dass die Pharmaindustrie dies weiter unterstützen wird.
 

Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen
PD Dr. Isaac Bermejo
Leiter des Supervisions- und Coachingdienstes, Universitätsklinikum Freiburg
Als Patient mit Sjögren-Syndrom fühlt man sich aufgrund des sehr komplexen Krankheitsbildes und der Notwendigkeit, oft bei mehreren Fachärzte vorstellig werden zu müssen, meist unverstanden. Bis es zu einer Diagnose kommt, haben viele Patienten in der Regel schon einen langen Leidensweg hinter sich.
Die meisten Patienten wünschen sich eine bessere Kommunikation zwischen ihnen und dem behandelnden Arzt.
Nach der Diagnosestellung möchten die Patienten den Prozess der Medikation und der Therapie  gemeinsam mit dem Arzt gestalten. Um dazu jedoch in der Lage zu sein, muss der Patient die Mechanismen und den Verlauf der Krankheit verstehen sowie Vor- und Nachteile der Therapie für sich selbst bewerten können.
Die Zeit für ein Patientengespräch ist heute knapp bemessen. Deshalb ist es wichtig, dass der Patient gut vorbereitet zum Arzt kommt und der Arzt wiederum bereit ist, dem Patienten Raum zu geben seine Fragen vorzutragen. Für einen positiven Prozess bedarf es hier Bereitschaft und Mitarbeit auf beiden Seiten.
Unter www.krankenkassen.de/gesundheit/arzt-patient/arztbesuch/ und www.patient-als-partner.de findet man eine Handreichung, wie man sich als Patient auf das Arztgespräch vorbereiten kann.
 


Minimalinvasive Lippenbiopsie
Prof. Dr. Thomas Hügle
Chefarzt Rheumatologie, Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne, Schweiz.
Bei der Hälfte aller erkrankten Patienten sind die klassischen Biomarker der Krankheit im Blut nicht vorhanden. Für eine sichere Diagnose des Sjögren-Syndroms bedarf es deshalb in diesen Fällen eine Entnahme und Untersuchung kleiner Speicheldrüsen aus dem Bereich der Lippeninnenseite. Bisher war dieser Eingriff belastet durch einen größeren Schnitt und danach langer oder sogar bleibender Taubheit kleiner Areale der Lippen.
Prof. Hügle stellte in seinem Vortrag eine von ihm entwickelte Technik der minimalinvasiven
Lippenbiopsie vor. Hierbei wird nur ein ganz kleines Stück des Gewebes herausgestanzt mit Hilfe einer speziellen Halterung, die die Lippe exakt fixiert. Durch diesen wesentlich kleineren Eingriff werden Nervenschädigungen deutlich minimiert.
 
 
 
Lokaltherapie der Sicca-Symptomatik
Dr. Anna-Marie Kanne
Ärztin, Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Rheumatologie und Klinischer Immunologie
Beim Sjögren-Syndrom sind primär Trockenheitsbeschwerden im Mund- und Rachenraum und an den Augen lokalisiert. Diese können bisher nur lindernd behandelt werden.
Hierzu stehen dem Patienten inzwischen jedoch eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung.
Der Schutz des Auges besteht natürlicherweise aus drei Komponenten: einer Muzinschicht (Schleimschicht), einer wässrigen Phase, die das Auge mir Feuchtigkeit versorgt und einer Lipidschicht (Fettfilm), die verhindert, dass die Feuchtigkeit zu schnell verdunstet.
Hilfreich zur Linderung der Augensymptome sind eine gute Befeuchtung der Raumluft, die Vermeidung von Zugluft, häufiges Blinzeln (Vermeidung von Starren bei der Bildschirmarbeit),
eine gute Lidrandpflege (z.B. durch Auflegen eines mit warmen Wassers getränkten Waschlappens auf die geschlossenen Augen) und natürlich ausreichendes Trinken.
Es sollte vom Arzt auch geprüft werden, ob Medikamente durch ungünstige Inhaltsstoffe die Trockenheit noch verstärken können. Hierzu zählen z.B. Betablocker, Antidepressiva, Neuroleptika und noch einige weitere.
Augentropfen gibt es in großer Auswahl, hier sollte man sich vom Augenarzt beraten lassen. Häufig benötigt der Patient Zeit, um ein geeignetes Produkt für sich zu finden. Augentropfen sollten regelmäßig und nicht erst bei stärkeren Beschwerden genommen werden.
Für die Mundtrockenheit ist die Auswahl leider beschränkter. Kaugummikauen regt den Speichelfluss an, es gibt spezielle Pastillen zum Lutschen und Sprays für die Nacht, die die Mundhöhle befeuchten.
Pilocarpinhydrochloridhaltige Medikamente können den Speichelfluss stimulieren, werden aber nicht immer vertragen. Wegen des fehlenden Speichels und seiner Funktion als Zahnschutz ist auf eine stark zuckerreduzierte Ernährung zu achten. Eine gute Zahnhygiene und der regelmäßige Besuch des Zahnarztes sind enorm wichtig.
 

Neurologische Beteiligung beim Sjögren-Syndrom
Dr. Tilman Hottenrott
Arzt, Universitätsklinikum Freiburg, Klinik für Neurologie und Neurophysiologie
Die gute Nachricht vorweg: Eine Beteiligung des Nervensystems besteht nur bei 10-20% der Betroffenen. Hierbei sind die peripheren Nerven häufiger betroffen als das zentrale Nervensystem. Die Symptome sind oft schon bemerkbar, bevor die Diagnose gestellt wird und können sich durch Schmerzen in Füßen, Armen und Händen, Kribbeln und Taubheitsgefühlen, Ameisenlaufen und Brennen der Haut äußern. Die Regulation des Blutdrucks beim Aufstehen und langem Stehen kann schlechter werden. Die Pupillen der Augen können sich unter Umständen schlechter zusammenziehen. Gangunsicherheit und Missempfindungen sind weitere Symptome.
Nur 1-5% der Patienten beklagen Symptome des zentralen Nervensystems. Diese können sich in kognitiven Störungen, epileptischen Anfällen und Entzündungen der Muskeln oder des Rückenmarks äußern.
Diese Beschwerden müssen genau abgeklärt werden und von anderen Erkrankungen, die diese Symptome ebenfalls verursachen können, abgegrenzt werden.
Hier lohnt der Blick auf die Aquaporin-4-Antikörper, die beim Sjögren häufiger als bei Multipler Sklerose zu finden sind.
Eine Therapie erfolgt hier auf immunologischer Ebene durch z.B. Cortison und Immunglobuline.

Ein mit annähernd 150 Personen gut gefüllter Hörsaal der Universitätsklinik in Freiburg
zeigte das starke Interesse an dieser Erkrankung und das Bedürfnis nach Antworten auf die vielen Fragen, die uns Patienten bewegen und für die in der Arztpraxisroutine oft keine Zeit bleibt.
Der Eindruck, ernst genommen zu werden, die Hoffnung auf weitere Forschung und engagierte, empathische Ärzte wurde an diesem Tag deutlich gestärkt.
Ein großes Dankeschön geht an alle beteiligten Ärzte für die ausführlichen und für Laien gut verständlichen Präsentationen, die hilfreichen ergänzenden Gespräche in der Pause und die tolle Organisation rund um die Tagung durch das Sekretariat.
Ein herzliches Dankeschön an Frau Elfi Borchers, die unermüdlich Kontakt zu den Ärzten pflegt, um uns diesen Tag zu ermöglichen und immer einen Rat hat, wenn die Angst und die Beschwerden groß sind.
Mein Fazit: Es gibt engagierte Ärzte und es geht weiter in der Forschung um Hilfe beim Sjögren-Syndrom. Es tat gut sich mit Betroffenen austauschen zu können. Es hat sich gelohnt nach Freiburg zu kommen.
Kerstin Forstmeyer

 

 

Bericht vom 12. Deutschen Sjögren-Tag am 17.03. 2018 in Freiburg
v
on PD Dr. Isaac Bermejo

Supervisions- und Coachingdienst für Beschäftigte

"Patientenbeteiligung bei medizinischen Entscheidungen"

Kommunikation auf Augenöhe

siehe Link

 

 

 

 

Bericht vom 12. Deutschen Sjögren-Tag am 17.03. 2018 in Freiburg,

von Dr. Florian Kollert

Der große Schlaf- Fatigue beim Sjögren-Syndrom

siehe  Link

 

Bericht vom 12. Deutschen Sjögren-Tag am 17.03. 2018 in Freiburg,

Prof. Dr. Thomas Hügle

Minimalinvasive Lippenbiopsie von

siehe Link

 

 

Patienteninformationstag

Samstag 17.03.2018

10.00 - 15.00 Uhr

Wo:

Universitätasklinikum Freiburg
Großer Hörsaal, Medizinische Klinik

Hugstetter Str. 55

Extra für diesen besonderen Tag, wurde ein Flyer gedruckt. Zu finden unter diesem    Link


Hotels und Übernachtungsmöglichkeiten unter:  www.freiburg.de