Mit Sjögren-Syndrom im Krankenhaus.

von Ruth Franke (01/2009)

Durch mein fast 30 Jahre bestehendes Sjögren-Syndrom habe ich einige Erfahrung mit Krankenhaus-Aufenthalten, meistens jedoch im Zusammenhang mit meiner Erkrankung. Neulich musste ich, inzwischen 76 Jahre alt, wegen eines schlimmen Bronchial-Infektes in eine "normale" Klinik und stellte dabei fest, dass sich in den vielen Jahren Aufklärungsarbeit unserer Selbsthilfe-Gruppe, in Zusammenarbeit mit engagierten Ärzten, nicht viel geändert hat, was das Verständnis für diese Krankheit angeht.

Ich hatte meinen dicken Ordner mit allen Symptomen und Befunden meiner langen Krankheitsgeschichte dabei, und obwohl auch "multiple Medikamenten-Unverträglichkeit" aufgeführt war, bekam ich die Höchstdosis von zwei starken Antibiotika als Infusion, (für meine 50 kg Gewicht war laut Beipackzettel nur die Hälfte empfohlen). Die Folge war fast ein körperlicher Zusammenbruch mit pausenlosen Durchfällen, Magenkrämpfen und Gewichtsabnahme. Meine Bitte um Reduktion der Dosis und Hinweis auf mein Gewicht und die schwache Konstitution durch meine Grunderkrankung wurde abgelehnt.

Hinzu kam, dass mein Blutdruck starken Schwankungen unterworfen war: morgens normal bis niedrig, abends und nachts höher. Dieses Phänomen haben Kardiologe und Hausarzt bereits untersucht (Blutdrucklisten hatte ich dabei) und vermutet, dass es Sjögren-bedingt sei und durch den abends und nachts stärker werdenden Druck der trockenen und entzündeten Schleimhäute von Speise- und Luftröhre auf das Herz ausgelöst wird. Da ich jedoch monatelang, wenn es mir besser geht, ganz normalen und manchmal recht niedrigen Blutdruck habe, wurde von einer generellen Blutdruck-Medikation abgesehen, natürlich unter regelmäßiger Kontrolle. Bei zu hohen Werten sollte ich Nifedipin nehmen.

Trotz meiner Hinweise darauf war ich jetzt nachts geradezu einem "Blutdruck-Terror" ausgesetzt mit ständigen Messungen, Gabe von Nitrospray und Versuchen, mir ein Blutdruckmittel zu geben. Da ich sowieso körperlich am Ende war, kletterte mein Blutdruck, jetzt auch psychisch bedingt, bis auf einen Spitzenwert von 190 abends (morgens war er meistens 130/80 oder niedriger).

Ich musste immer auf der Hut sein und kämpfen, um Schaden von mir abzuwenden. Wegen der Magenprobleme durch die Antibiotika nahm ich Pantozol, was ich jedoch nach Rheumatologen-Anweisung "nur im Notfall" nehmen darf (normal Ulcogant), weil ich, wie beim Sjögren-Syndrom häufig, zu wenig Magensäure habe und durch Protonenpumpenhemmer die Trockenheit verstärkt wird. Das wurde nicht verstanden, und noch im Krankenhausbericht war zu lesen: "Trotz Magenbeschwerden wurde eine Dauertherapie mit Pantozol von der Patientin abgelehnt". Erst auf Betreiben meines Hausarztes wurde dieser diskriminierende Satz gestrichen.

Dies ist nur ein kleiner Ausschnitt meiner Erlebnisse in Krankenhaus. Nach 5 Tagen bat ich um Entlassung, da ich es nicht mehr länger durchgehalten hätte. Da sich meine Blutwerte gebessert hatten und der Husten völlig weg war, durfte ich am nächsten Tag nach Hause, mit einem weiteren Antibiotikum für 3 Tage. Die Folge des Stresses: ein heftiger Schub.

Ich frage mich jetzt: Ist es richtig, jeden Patienten, ohne Rücksicht auf seine Konstitution und Vorgeschichte, nach den gleichen Richtlinien zu behandeln? Könnte man nicht auf einen Patienten mit einer etwas ungewöhnlichen Grunderkrankung (und langer Erfahrung damit) etwas eingehen und ihm auch Glauben schenken? (Ein Achselzucken, als ich meine Blutdrucklisten zeigte und die Bemerkung: "Was haben Sie für ein Messgerät, manche zeigen nicht richtig an.")

Unser Gesundheitssystem bevorzugt die großen Volkskrankheiten und das Augenmerk richtet sich auf sie. "Sie mit Ihrem Sjögren-Syndrom fallen durch jedes Raster", sagte neulich ein Arzt zu mir, als es um eine notwendige, aber von der Krankenkasse nicht bezahlte IGEL-Leistung ging. Man kann nicht erwarten, dass sich Internisten im Krankenhaus im einzelnen mit einer schwierigen rheumatischen Erkrankung auskennen, aber müssen sie bei einem kurzfristig stationär behandelten Patienten eine Medikamenten-Therapie gravierend ändern oder einleiten, die mit dem Anlass der Einweisung in keinerlei Zusammenhang steht? Wäre da nicht ein Anruf beim Hausarzt sinnvoll?

Wie kann man das ändern? Ein Hoffnungsschimmer ist der Plan meines Hausarztes, mit der hiesigen Klinik zusammenzuarbeiten und gemeinsam Visiten bei von ihm eingewiesenen Patienten durchzuführen, zum Nutzen aller. Verhandlungen sind bereits im Gange. Ein Beispiel, das Schule machen sollte! Ein Patient, der "aus dem Rahmen fällt", würde sich dann nicht so hilflos fühlen.